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New Work? Nur mit Mental Health! Wenn der Clown nicht mehr lacht

Viele haben im Berufskontext Angst vor einer Stigmatisierung und sprechen deshalb nicht über ihre mentale Leiden
(c) pexels

Mach einmal den Versuch und lass Deinen Blick durchs Büro schweifen.

Zähle dann Deine Kollegen durch. Von eins bis drei die weiblichen Kolleginnen und von eins bis vier die männlichen Kollegen.

Fertig? Gut. Jede dritte weibliche Person und jede vierte männliche Person in Deutschland, leidet oder litt zeitweilig unter einer psychischen Erkrankung. Vielleicht auch einer Deiner Kollegen… hättest Du das gedacht?  

 

Vor rund 20 Jahren fehlte durchschnittlich jeder Arbeitnehmer 0,7 Tage pro Jahr aufgrund von psychischen Problemen.

Heutzutage sind es bereits 2,5 Tage pro Arbeitnehmer. Das ist mehr als eine Verdreifachung!

Und das sind „nur“ die offiziellen Fälle mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Die Dunkelziffer sieht sicher ganz anders aus.

 

Obwohl die Zahl derer, die sich einem Facharzt anvertrauen steigt: Das Thema bleibt in der Arbeitswelt häufig Tabu.

Die meisten Menschen haben im Berufskontext Angst vor einer Stigmatisierung und sprechen deshalb nicht über ihr Leiden.

„Selbst Schuld“, „nicht belastbar“, „vollkommen übertrieben“, „braucht Aufmerksamkeit“ – die Liste ist lang.  

Kommentare wie diese hemmen Betroffene, im offenen Umgang mit ihrer Krankheit. Vulnerabilität wird als Schwäche gesehen.

Hinzu kommt, die Angst davor, sich erklären oder womöglich für das Leid rechtfertigen zu müssen und dadurch im Job benachteiligt zu werden.

 

Wie fühlt sich so jemand eigentlich: Geschichte eines Clowns
Wie immer stehe ich in der Manege – Ich jongliere, lache, mache Unsinn. Das Publikum freut sich über die Darbietung. Doch mein Lachen ist nicht echt. Keiner merkt es, keiner weiß es, in mir ist es ganz still. Die Freude des Publikums berührt mich nicht. Ich agiere ferngesteuert.

Alles um mich herum ist schwer, ich will mich hinlegen. Mich kleinmachen… wie ein Embryo zusammenrollen und stundenlang so daliegen.

Es ist, als würde etwas von oben auf mich drücken, mich erdrücken. Leere und Dunkelheit, die mich wie ein Schleier umgeben.
Ich verharre, halte aus und hoffe, dass es irgendwann zu Ende ist.

Am liebsten würde ich ihnen davon erzählen, statt Faxen zu machen. Doch ich traue mich nicht, das gehört hier nicht hin. Wie es mir geht, geht doch keinen an und interessiert sie auch nicht. Und so mache ich Tag für Tag gute Miene zum bösen Spiel und weiter mit meiner Show.

Manchmal wünschte ich mir, sie sähen genauer hin. Würden in mich hineinschauen und erkennen, wie es wirklich in mir aussieht. Vielleicht könnte ich mich sogar anvertrauen, aber ich möchte den Leuten die Stimmung nicht verderben. Es gehört hier nicht hin. Und so bleibe ich still und mache den Clown, noch so lang, wie ich will – oder noch kann.

Zugegeben, das Beispiel eines Clowns scheint auf den ersten Blick weit weg von der eigenen Realität.
Doch wie häufig dachten wir schon: „Oh, bei dem/der hätte ich das wirklich nicht erwartet!“.
Wie der Clown, sind Betroffene häufig darauf angewiesen eine Rolle zu spielen, um nicht verurteilt zu werden.

Das ist kein Aufruf zu übertriebener Vorsicht oder dem Umgang mit „Samthandschuhen“.
Allerdings würde es helfen, wir würden umsichtiger und empathischer miteinander sein und uns mehr vertrauen.
Klar, manchmal nerven Kollegen! Das ist ganz normal. Doch jeder hat seine persönliche Geschichte, Schicksalsschläge und jeder geht anders mit Konflikten oder Problemen um. Das sollte uns stets bewusst sein.


Als Erwachsener in Deutschland, verbringen wir im Schnitt 70.080 Stunden in unserem Leben auf der Arbeit. Das sind 8 ganze Jahre.
Wäre es nicht schön, wenn wir da offen miteinander umgehen könnten und jeder der sein kann, der er wirklich ist?

 

Das hätte ich nie erwartet, dass der/die betroffen ist.

Robert Enke (Hannover 96), Chester Bennington von LinkinPark, Hollywood Star Robin Williams, Stardesigner Alexander McQueen oder die Ikone Marilyn Monroe. All diese prominenten Personen hatten mit psychischen Problemen zu kämpfen, die im Suizid endeten.
Manchmal sieht man es den Menschen nicht an, was sie durchleben.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass Mental Health in den Unternehmen zur Sprache kommt, es Vertrauenspersonen gibt, mit denen man sich austauschen kann oder Informationen für Therapiermöglichkeiten bespricht.

Jeder Krankenversicherte hat die Möglichkeit, auf eine von der Krankenkasse bezahlte Therapie.

Leider gestaltet sich die Suche nach einem passenden Therapeuten für betroffene häufig noch schwer.

 

Wer New Work sagt, muss auch Mental Health sagen

New Work ist unsere Chance auch an dem Platz, der so maßgeblich unser Wohlbefinden mitbestimmt, weil wir so viel Zeit dort verbringen, transparent auch über dieses Thema zu sprechen und Stigmata aus der Welt zu schaffen.
Die helfende Hand zu sein, die Betroffenen, die aus eigener Kraft nicht dazu im Stande sind sich zu helfen, Hilfestellung gibt.

Viele Arbeitnehmer fühlen sich im Beruf gestresst. Gegebenenfalls müssen Arbeitsprozesse entschleunigt werden. 

Jeder Mitarbeiter sollte das Recht haben, offen über Druck zu sprechen. New Work und Mental Health gehören zusammen.

Wir alle tragen gemeinsam die Verantwortung, diese Veränderung innerhalb unseres Unternehmens voran zu treiben. In Gesprächen mit den Kollegen hin zu hören. Auf einander Acht zu geben und uns gegenseitig das Leben einfacher, statt schwerer zu machen. Nur so schaffen wir Arbeitsumfelder, bei denen Mitarbeiter nicht schon Montagmorgens mit Magenschmerzen zur Arbeit gehen und die es wert sind, sich New Work auf die Fahne zu schreiben.

 

--- Wenn Du unter Depressionen leidest, suche Dir bitte Hilfe. Diese findest Du beispielsweise auf www.deutsche –depressionshilfe.de ---

 

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