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Wirksame Führung basiert auf Vertrauen & ehrlichem Interesse

In unserer neuen Ausgabe von recruitingzirkus Talks haben wir mit Jutta Grebing, Wirtschaftspsychologin und Mentorin, über Führung in Zeiten von COVID sowie die Herausforderungen beim Coaching von Führungskräften gesprochen. Jutta ist erfahrener Leadership Coach und unterstützt Führungskräfte dabei, klare Ziele zu entwickeln und Neues aufzubauen. Mehr Infos zu Jutta und ihrem Angebot findest Du hier

 

Hallo Jutta. Schön, dass wir uns heute unterhalten. Du bist Wirtschaftspsychologin und erfahrener Coach für Führungskräfte. Erzähl doch mal, was ist das Besondere am Coaching für Führungskräfte? 

Hi Vanessa, hi Jean-Luc, herzlichen Dank, dass ich hier über das Besondere, die Wirksamkeit von Coaching für Führungskräfte sprechen kann.

Führung ist eine sehr persönliche Erfahrung und Aufgabe, die weit über das Erlernen von Methoden hinausgeht.

Trainings können erste Impulse über das WAS geben, im Coaching nimmt das persönliche WIE Gestalt an.

Mit der eigenen klaren Haltung kann ich als Führungskraft Orientierung geben und ein motivierendes, vertrauensvolles Umfeld schaffen.

Als Leadership Coach hole ich den Menschen dort ab, wo er steht und unterstütze ihn auf seinem ganz persönlichen Weg darin, in Führung zu gehen und wirksam zu werden. Ein Maßanzug der zu den aktuellen Bedürfnissen passt. Als Sparringspartner begleite ich den Prozess und gebe Impulse. Die Führungskraft probiert das Erlernte direkt im Führungsalltag aus, reflektiert die eigenen Erfahrungen und baut so Stück für Stück in seinem eigenen Tempo das eigene Handlungsrepertoire aus. 

 

Was macht gute Führung für dich aus?

Der Schlüssel für Exzellenz in Teams ist die Beziehungsebene. Vertrauen und ehrliches Interesse am Menschen sind die Basis guter Führung. Erfolgreiche Führungskräfte inspirieren, erkennen das Potenzial ihrer Teammitglieder – fordern und fördern das persönliche und fachliche Wachstum. Ehrliches Feedback und klares Erwartungsmanagement fokussieren auf den Erfolg.

Gute Führungskräfte entscheiden, stellen sich vor das Team, räumen Hindernisse weg und loben!

 

Was unterscheidet eine Führungskraft in der neuen Arbeitswelt von einer in der alten Arbeitswelt?

Hm, wann ist eine Arbeitswelt neu und wann alt? Unter alt verstehe ich command & control. Die Führungskraft hatte alle Information und konnte qua Macht allein entscheiden. Der Mitarbeiter hat die Ansagen umgesetzt.

 

Unter neu verstehe ich ein Servant Leadship, wozu es zunächst einmal eine verstehende und zuhörende Haltung braucht – unabhängig von Hierarchie und Inselwissen. Das Agieren in Netzwerken, das Aushandeln/Ringen um die beste Lösung, das Führen auf Sichtflug erfordern Persönlichkeiten, die in dieser Komplexität einen inneren Kompass, ein Wertegerüst haben, das sie leitet. Mit dieser Haltung werden Mitarbeiter empowert, um eigenverantwortlich nachhaltige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

 

Wie läuft so ein Führungskräfte-Coaching bei dir ab?

Das Coaching läuft sowohl f2f als auch in remote Settings in mehreren Phasen ab:

1. Clarify: Ist Coaching die geeignete Maßnahme für das Anliegen der Führungskraft (VC, Call)

2.  Check in: In einem ersten kostenfreien Gespräch lernen wir uns persönlich kennen. Ziele des Gesprächs sind:

  • Der Coachee bekommt ein Gefühl dafür, ob die „Chemie“ zwischen uns stimmt und wir uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vorstellen können. Das ist der Grundstein für den ehrlichen Blick auf sich selbst.
  • Wir legen gemeinsam die konkreten Ziele des Coachings und Kriterien für das erfolgreiche Coaching fest.

3. @Work: in 4- 6 Coaching Sessions (90-120 Minuten) wird das Anliegen der Führungskraft bearbeitet. Ich stelle Fragen, gebe Feedback, der Coachee probiert aus, reflektiert und etabliert neue Verhaltensweisen.

4. Pulse check: die Ziele und Zielerreichung werden nach der Hälfte überprüft und ggf. angepasst.

5. Check out: Evaluation des Coachingprozesses und der Zielerreichung

6. Follow up nach 3 Monaten zur nachhaltigen Verankerung des Erreichten.

Nach dem aktuellen Führungskräfte-Radar von Bertelsmann fühlt sich ein Drittel der deutschen Führungskräfte belastet und verunsichert. Was sind deiner Meinung nach die Gründe dafür?

Aus meiner Erfahrung hat die wahrgenommene Belastung vielschichtige Gründe. Zum einen können die vielen, schnellen Veränderungen sowohl vom Markt als auch in der Organisation fachlich von den Führungskräften nur noch „oberflächlich“ durchdrungen werden.

Zum anderen wollen die Mitarbeiter eine klare Orientierung aber gleichzeitig weitgehend selbstbestimmt arbeiten.

 

Um unter diesen Rahmenbedingungen Orientierung zu geben, Entscheidungen schnell treffen zu können und die Mitarbeiter „ihr Ding“ machen zu lassen, braucht es aus meiner Sicht:

  • ein klares und stabiles Wertegerüst
  • viel Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter und
  • einen souveränen Umgang mit den eigenen Grenzen

Was rätst du Führungskräften, die an ihrer Rolle zweifeln oder ambivalent zu ihrer Führungsaufgabe stehen?

Den ehrlichen Blick auf den inneren Kompass richten. Ehrlich zu sich selbst zu sein, hinzuspüren, was sie zweifeln lässt.

Sich Zeit zu nehmen – in die Stille zu kommen, um mehr zu hören. Alles kommen zu lassen, was an Gedanken und Gefühlen da ist.

Die Dinge auf den Tisch zu legen, alles zu heben, um in einem nächsten Schritt zu schauen, was sich damit machen lässt.

Du hast es ausprobiert, du bist zu neuen Erkenntnissen gekommen und gestaltest deinen Weg.

Bewusste Entscheidungen für oder gegen die Führungsaufgabe, schaffen Klarheit für sich selbst und den eigenen Weg. 

 

Die aktuelle Situation konfrontiert viele Führungskräfte mit ihnen noch unbekannten Situationen. Hast du einen Tipp, wie man sich als Führungskraft gut auf das Unbekannte vorbereiten kann?

Ich hab‘ direkt vier:

  • Offen, neugierig bleiben.
  • Gelassenheit und Selbstvertrauen entwickeln und ausbauen. Den Scheinwerfer darauf richten, welche Veränderungen bereits gemeistert wurden.
  • Stärke aus der Diversität des Teams ziehen: gemeinsam seid ihr klug.
  • Inspiration durch weitere Perspektiven von außen: das eigene Netzwerk für Austausch und wie macht ihr das?

Kurzarbeit, Stellenabbau aber auch psychische Belastung durch mobiles Arbeiten. Arbeitnehmer sind aktuell verunsichert und brauchen wohl eher denn je eine starke Führung. Wo siehst du hier die größten Hebel?

Was bedeutet starke Führung? Meine erste Assoziation war, Kontrolle. Ich würde eher mit dem Begriff wirksame Führung, die auf Vertrauen, Beziehung und ehrlichem Interesse basiert wählen. Aktuelle Studien belegen, dass das Bedürfnis nach Nähe und das Team zu spüren im mobilen Office sehr stark ist. Hier sehe ich neben der Klarheit über die aktuelle Unternehmenssituation den größten Hebel. Wie in allen Beziehungen ist Vertrauen der wichtigste Aspekt. Zusätzlich geben Klarheit über die Aufgaben, Ziele, Erwartungen und dem Beitrag jedes Einzelnen Stabilität und Orientierung.

 

Wie können Führungskräfte, vor allem in dieser turbulenten Zeit, für sich selbst sorgen?

Schafft euch regelmäßig Raum zum Innehalten, um aus dem Gedankenkarussell auszusteigen. „Je stiller du wirst, desto mehr kannst du hören.“ (Rumi) Auszeiten, in denen keiner etwas von euch will: Joggen, Biking, Spazieren in der Natur, Yoga und Meditation sind Kraftquellen in diesen turbulenten Zeit.

 

Was wird sich zukünftig für Führungskräfte beim Recruiting verändern?

Die Macht der Entscheidung liegt bei den Kandidaten. Auf die Führungskräfte kommt noch mehr die Rolle des Kulturbotschafters zu und sich im Interview spürbar und erlebbar zu machen. Klarheit über die eigenen Werte, dass was ihr wichtig ist und wie es ihr gelingt, Menschen in ihre Exzellenz zu bringen.

 

Laut der Studie „Diversity wins“ von McKinsey ist Diversität ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Der Anteil von Frauen im Top Management börsennotierter deutscher Unternehmen steigt. Dennoch dominieren Männer weiterhin in der obersten Führungsebene. Wie und in welchem Tempo wird sich die Diversität in der deutschen Führungslandschaft verändern?

Ich schließe mich den ernüchternden Ergebnissen des Kienbaumgutachtens diversity matters: „Es wird – ein wenig – besser, aber es ist noch lange nicht gut.“ und dem German Diversity Monitor 2020 an: „Es ist kein Ende der der homogenen Führungsstrukturen in Sicht.“

 

Die Optimistin in mir spricht: „Die weltweite Corona-Pandemie hat uns allen gezeigt, dass sich Paradigmen auf einmal sehr stark und schnell ändern können“. Schnelle Änderungen benötigen unterschiedlichste Ansätze. Darin sehe ich die Chance für mehr Diversität, die über den höheren Frauenanteil hinausgeht.

 

Wie kann sich das ändern? Zunächst einmal hinschauen. Jedes Unternehmen sollte ein Verständnis von Diversität entwickeln. Diversität umfasst weitere Aspekte, wie Alter, kulturelle Herkunft, Behinderungen und LGBT+.

 

Erklärt das Thema Diversität zur Chefsache. Richtet den Scheinwerfer auf die IST-Situation und erarbeitet in heterogenen Teams ein umfassendes Verständnis von der Diversität über alle Aspekte. Führt gezielte Maßnahmen für ein inklusives Arbeitsumfeld ein. Macht die Erfolge sichtbar und lasst euch daran messen.

 

Wenn du ein Zirkusartist wärst, was wärst du dann und warum?

Magier: Für mich ist die Kunst im Leben, in allem, was ist, den Zauber zu sehen und die Menschen dorthin einzuladen.
 

Zuckerwatte oder Popcorn?

Popcorn – süß und voller guter Laune! 

 

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